Montag, Mai 26, 2008

Die verlorene Unschuld

Der Fahrer neben ihr rast auf den Tod zu. Doch nicht ihr bisheriges Leben, sondern, ein zukünftiges, ein mögliches zieht an ihr vorbei. Und nun? Soll sie ins Lenkrad greifen?

Seinen achten Film und preisgekrönten Berlinale-Beitrag hat der Regisseur Christian Petzold nach Yella Rottländer, der Hauptdarstellerin aus Wim Wenders Road-Movie „Alice in den Städten“ benannt. Beide Werke kreisen um dieselben Sujets: Selbstentfremdung, (berufliches) Scheitern, Flucht in eine unverbindliche Mobilität, Heimatlosigkeit. Während die kleine Alice in Wenders’ Film mit ihrer kindlichen Unschuld einen Erwachsenen wieder zu sich selbst zurückführt, verliert die erwachsene Yella in der Welt des Kapitals jedoch den Bezug zum Ich. Nachdem die Firma ihres Mannes Konkurs ging und daraufhin die Ehe zerbrach, will Yella weg aus Wittenberge, um auf der anderen Seite der Elbe im Westen ihr Glück zu versuchen. Zunächst scheint ein Neuanfang möglich: Sie erkämpft sich Annerkennung als Assistentin für eine Private-Equity-Gesellschaft und auch die Liebe hält in ihrem Leben wieder Einzug. Aber die aalglatte Oberfläche der glänzenden Bürotürme weist von Anfang an Risse auf. Philipp, ihr Chef und Geliebter, arbeitet gezielt auf einen Betrug hin, zu dessen Komplizin sie sich macht. Und dann wird sie bei ihren knallharten Verhandlungen immer wieder von diesen merkwürdigen Geräuschen heimgesucht. Mal ein Rauschen in den Wipfeln, mal das Kreischen eines Vogels: Mahnende Rufe aus der weggeworfenen Vergangenheit, die Yella fort von den Meetings in einen symbolgeladenen Märchenwald locken. Hinter diesen Grenzlinien zwischen Traum und Wirklichkeit gewinnt der Film eine erstaunliche Tiefe. Zudem spielt Nina Hoss die Hauptfigur mit ruhiger und bestechender Intensität. Am Ende sitzt Yella wieder im rasenden Auto und trifft eine bemerkenswerte Entscheidung.

Mittwoch, Mai 14, 2008

Cruel Summer

Der Sommer beginnt laut Kalender erst im Juni. In der Herner Straße ist es aber jetzt schon sehr sommerlich. Und bei wohligen Temperaturen verliert endlich auch die Musik an Geschwindigkeit. Zärtliche Basstöne schweben im einladenden Raum und etwas später spinnt sich ein erquickender Rhythmus seine Melodie. Der hitzige Lärm der Ausgehzone, wo gerade wieder eine Flasche an einer Mauer zerbirst, scheint fern. In der Goldkante haben die Cocktails eine angenehmere Temperatur! Wir winken rüber zu den freundlichen Nachbarn. Ein geselliger Groove weht heiter durch die Nacht...(Text und Flyer von Tobias K.)

Goldkante
Fr., 16.05.2008
ab 2100 Uhr

Dienstag, Mai 13, 2008

Woog Riots - Pasp

Die deutsch-italienische Freundschaft zwischen Silvana Battisti und Marc Herbert hat eine neue musikalische Wundertüte gebastelt: „pasp“ steht da drauf und mit jedem Stück, das man herausfischt, kommt mal mehr mal weniger kapriziöser Ulk zu den Themen people, animals, society und places zum Vorschein. Da muss sich ein Paul McCartney genauso Ratschläge gefallen lassen (Go! and write a song, don’t love your country) wie der Oktopus Indiskretionen über sein submarines Liebesleben. Über den Islam Punk wird auf Italienisch sinniert, bis der Night Bus einen schließlich zur falschen Seite der Stadt gebracht hat. Und überhaupt: everyone should move into a hotel room! Wie schon auf dem Vorgänger Strangelove TV changieren die Lo-Fi-Eskapaden der Woog Riots zwischen geistreichem Dancepunk und kurzweilig-bunter Gimmicks aus dem Kaugummiautomaten. Dabei haben die Unruhestifter hörbar viel Spaß gehabt. Auf Backstage Lemonade singt übrigens keine Geringere als Kimya Dawson mit. Bitte also nicht über Vergleiche mit den Moldy Peaches oder die immer wieder heraufbeschworene Nachbarschaft zum „Anti-Folk“ wundern. „Tweelectro“ hat das aber offensichtlich noch niemand genannt. Dies sei hiermit nachgereicht. Myspace.