Everything But The Girl
Alle kennen "Missing", doch haben Tracey Thorn und Benn Watt im Laufe der Jahre einen erstaunlichen Entwicklungsgang zurückgelegt, den man nicht auf den einen großen Hit reduzieren sollte. Um mir selbst die Wartezeit auf Taceys Soloalbum zu verkürzen, habe ich nun einen ollen Text von mir aus der Versenkung geholt und ihn für diese Seite ein wenig überarbeitet. Die folgende "Diskographie" ist im Prinzip immer noch aktuell, es hat seither kein neues Everything but the girl-Album gegeben, lediglich eine Remix-Compilation („Adapt Or Die“).
EDEN (1984) - Das frühe Meisterwerk. Traceys Stimme klingt hier noch viel dunkler als auf späteren Platten. Sie hält die damals sehr angesagte melancholische Leichtigkeit aus Pop, Jazz und Swing zusammen. Paradebeispiele dafür (und Höhepunkte der Platte) sind "Each And Everyone" und "Bittersweet".
LOVE NOT MONEY (1985) - Die eher schwache Fortsetzung von Eden. Bis auf "When All's Well" konnte ich diesem Album kaum besondere Momente abgewinnen.
BABY, THE STARS SHINE BRIGHT (1986) - Ein Schritt weg vom nachdenklichen "Ich trinke nachts um 3 Whiskey an der Bar"-Sound, hin zum Angriff auf die Hitparaden. Und dennoch stimmt hier fast alles. "Cross My Heart" und "Come On Home" beweisen das.
IDLEWILD (1988) - "Love Is Here Where I Live" ist zum sterben schön - ein Muss für jedes Tape, mit dem man seine Liebe für den/die EmpfängerIn bekunden möchte. Und auf "The Night I Heard Caruso Sing" beweist Benn Watt, dass auch er singen kann. Dazwischen leider etwas zu viel seichter Plastik-Pop.
THE LANGUAGE OF LIFE (1990) - Mit dieser Platte bin ich im Zwiespalt. Eigentlich ist sie zu glatt, eigentlich sind die Kompositionen zu Nichtssagend - und dennoch lege ich sie immer wieder gerne auf. Muss ich mir Sorgen um mich machen, wenn ich dem simplen, berechnenden Charme von "Driving" und "Take Me" immer wieder erliege? Oder habe ich in jungen Jahren doch zu viele Schnulzen gesehen?
WORLDWIDE (1991) - Das ist der wahre Pop. "Old Friends", "Understanding", "Frozen River" - alles Melodien für Millionen. Zeitloser und kantiger als der Vorgänger und dabei doch auch anmutiger.
ACOUSTIC (1992)- Tracey und Ben unplugged im Studio mit unglaublichen Covern von "Time After Time", Elvis Costellos "Alison" und Tom Waits "Downtown Train". Diese Platte ist nicht mehr so leicht zu bekommen, also unbedingt kaufen, wenn ihr sie seht.
ESSENCE AND RARE 82-92 (1992) - Wie der Titel schon vermuten lässt, schwer ranzukommen bzw. leider sehr teuer. Darum nie gekauft...
AMPLIFIED HEART (1994). Der Klassiker. Jedes Lied geht direkt ins Herz. Wem bei "Two Star" nicht die Tränen kommen, der hat kein Herz, wer bei "Rollercoaster" nicht mitsingen möchte, sollte sich einen Termin beim Arzt geben lassen. Eine weitere Perle ist die Originalversion von "Missing", noch nicht von Tod Terry zum Tanzhit gemixt.
WALKING WOUNDED (1996) - Aus ganz persönlichen Gründen mein Lieblingsalbum. Kein "richtiges" Drum'n'Bass-Album, das aber den besten D&B-Track aller Zeiten zu bieten hat: Before Today. Es vollzieht den letzten Schritt der Band hin zum Club-Act und lässt die Vergangenheit nur noch in den melancholisch-verspielten Melodien erahnen.
TEMPERAMENTAL (1999) – Der gelungene, aber dennoch mit einigen Schwachstellen behaftete Wille, das mit "Missing" und "Walking Wounded" neugierig gewordene Club-Publikum fester an sich zu binden ("Lullaby Of Clubland"). Arschwackelgarantie auf "Five Fathoms" und dem Titellied.
Ebenfalls unvergessen bleiben Traceys Auftritte bei The Style Council (The Paris Match) und Massive Attack (auf Protection). Hier kann man sich in ihre Stimme verlieben, sofern man das nicht schon vorher getan hat. Unbedingt erwähnen solle man auch Traceys Soloalbum (A Distant Shore) und natürlich ihre „erste“ Band, die Marine Girls. Auch von Ben Watt gibt es ein Solo-Frühwerk (North Marine Drive), inzwischen ist er als gefragter DJ unterwegs und Betreiber des Elektro-Labels Buzzin’ Fly.
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