Dienstag, August 22, 2006

Byrne, Baby, Byrne!

(Foto folgt auch hier, äh, demnächst) Century Of Song in der Jahrhunderthalle, 20. August 2006. Joe Henry hat bereits neun Alben veröffentlicht, ich hatte bis letzten Sonntag noch nie was von ihm gehört. Warum eigentlich nicht? Warum setze auch ich zu oft auf diejenigen, die am lautesten Schreien bzw. über die so laut geschrieen wird? Warum wundere ich mich dann immer wieder über langweiligen Lärm? Selber Schuld. In all dem Krach und der eigenen Bequemlichkeit geht jemand wie Joe Henry schnell unter, dabei ist es gerade sein herrlich unprätentiöses Auftreten, welches für ihn einnimmt. Seine Musik ist im besten Sinne des Wortes schnörkellos. Sie ist schwerblütig genug, um zu berühren und gewandt genug, um zu begeistern. Oft habe ich während seines Spiels den Kopf in den Nacken geworfen und mir von den zuneigungsvollen Tönen, die da von der Bühne kamen, das Kinn kraulen lassen. Das Publikum wurde ganz langsam, immer höher, auf einen Gipfel geführt, und dort angelangt bekam es dann eine überwältigende Interpretation von Gershwins „It Ain't Necessarily So“ geboten (Popsongs sind wie Prostituierte: Jeder, der genug zahlt, darf sich daran vergreifen. In einigen Fällen macht sie das nicht weniger einzigartig oder begehrenswert. Ich mag übrigens auch das Cover von Bronski Beat). Zum Abschied, wir waren wieder sicher im Tal angelangt, spielte Henry dann noch „Flag“ vom letzten Album „Tiny Voices“. Prädikat: unbedingt kaufen!

Als David Byrne dann auf die Bühne tritt, ist das erste, was A. zu mir sagt „Lichtgestalt“: das hellgraue Haar, der weiße Nadelstreifenanzug – um ihn herum leuchtet die Aura des Künstlers im Zeitalter seiner Unkompromittierbarkeit. Dass er recht ulkig auf der Bühne herumstakt, ist natürlich nur Show und soll den Zuschauer in die Irre führen. Es geht sofort standesgemäß zur Sache mit „Nothing But Flowers“, erst einmal nur mit schlanker Bandbegleitung. You got it, we got it. Unter dem Kronleuchter, im hinteren Teil der Bühne, warten die Duisburger Sinfoniker auf ihren Einsatz. Als der kommt, geht die Revue los, wobei die Elemente klassischer Musik in den Hintergrund geraten und eher so etwas wie ein folkiger Big-Band-Sound geschaffen wird, irgendwo zwischen Los Lobos und Las Vegas. Byrnes Lust an der eigenen Verspieltheit scheint keine Grenzen zu kennen: Eigenes folgt auf Giuseppe Verdi, Heads-Songs folgen auf Country-Klassiker (schön, dass dazu Joe Henry noch einmal auf die Bühne kommt). Die Würfel fallen immer wieder neu, man weiß nie, was als nächstes kommt. Warum auch, die Langeweile ist gerade woanders, das Publikum euphorisch. Es gibt eine Zugabe, noch ein paar Verbeugungen und dann ist er vorbei, der Abend, an dem alles gepasst hat. Vor allem das Gefühl, zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein. This Must Be The Place.

1 Kommentar:

Stitch hat gesagt…

<klugscheiss>
Da stimmt natürlich einiges nicht. Wenn schon, dann so:

- (Nothing But) Flowers (Talking Heads)
- Everyone's In Love With You (Byrne)
- Civilization (Byrne)
- Finite=Alright (Byrne)
- Un di felice, eterea (Giuseppe Verdi/ Francesco Maria Piave) – Arie des Germont aus "La Traviata"
- Glad (Byrne)
- Why (Byrne)
- Here Lies Love (offenbar Cook, Byrne) – aus dem gleichnamigen Songzyklus über Imelda Marcos
- Rose of Tacloban (offenbar Cook, Byrne) – aus dem Songzyklus über Imelda Marcos
- She Only Sleeps (Byrne)
- Revolution (Byrne)
- Flowers (Jim Ed Brown and Helen Cornelius) (Duett Byrne/Henry)
- Road To Nowhere (Talking Heads)
- Empire (Byrne)
- The Great Intoxication (Byrne)
- Psycho Killer (Byrne, Frantz, Weymouth)
- The Accident (Byrne)
- Soul Sister (Allen Toussaint) (Duett Byrne/Henry)
- America Is Waiting (Byrne, Eno)
</klugscheiss>