Out Of The Woods
Seit heute liegt es also – einen Tag vor dem offiziellen Release in Deutschland, Import sei Dank – auf meinem Plattenteller. Das sehnlichst erwartete neue Album von Tracey Thorn. Kribbelige Spannung rieselte mir durch Daumen und Zeigefinger, als ich die Nadel in die Rille setzte. Es fällt mir schwer, diesen Moment nicht als „erhaben“ zu idealisieren, sei’s drum, all die Tonnen verschlungener Musik haben meine Sinneswahrnehmungen jedenfalls nicht abstumpfen können. „Here It Comes Again“ gab es ja bereits als Kostprobe auf Myspace zu hören, ein ungewöhnlich verhaltener Einstieg, der klingt, als sei er in einer Kapelle mit hohen Decken aufgenommen worden. Darauf folgt „A-Z", im Tempo nur wenig schneller und mit geheimnisvollem in die Jetztzeit gerettetem 80er-Synthiemotiv. An der 80er Richtschnur hangelt sich auch Singleauskoppelung „It’s All True“ entlang (übrigens mitgeschrieben und -produziert von keinem Geringeren als Metro Areas Darshan Jesrani), auch diese jedoch nicht ein bloßes Retro-Statement, sondern als geschichts- und selbstbewusste Unabhängigkeitserklärung vorgetragen. Über jedes einzelne Lied könnte ich einen kleinen Roman schreiben, ich beschränke mich auf kurze Spotlights: das gefällige „Falling Of A Log“ wird auch euch nicht mehr loslassen, habt ihr es erst einmal gehört; dann mein persönlicher Überhit und demnächst hoffentlich als Single zum Remixen zu haben: „Grand Canyon“ (bitte einmal am Tag Huldigungsverbeugungen in Richtung Portugal für Alex Santos); wie schafft Tracey es eigentlich immer wieder aufs Neue, die Standards für traurige Verlustgeschichten neu zu definieren? „By Piccadilly Station I Sit Down And Wait“ zeigt, wie man das macht. Und schließlich doch ein zuversichtlicher Ausblick in „Raise The Roof“, das Tracey selbst als „a kind of shimmery piece of Scritti Politti-style pop“ treffend beschreibt. Hat hier irgendjemand tatsächlich eine objektive Kritik erwartet? Der hat sie doch nicht alle.