Ich wollte ja erst gar nicht hin. Zu teuer erschien mir die ganze Unternehmung (Ticket, Anreise, usw.), zudem hatte sich meine Leidenschaft für die Musik des Prinzen aufgrund seiner zuletzt mediokren Platten mit unansehnlicher Cover-Gestaltung und meiner immer größeren Abstand aufbauenden musikalischen Fortbewegung in andere Richtungen deutlich abgekühlt. Doch dann wurde mir über ein paar Ecken eine Karte zu einem guten Kurs angeboten – und da stand ich also am 05. Juli 2010 im Block H der Berliner Waldbühne. „Adolfs Amphitheater“ kam mir in den Sinn, und trotz der Ankündigung als einziges Konzert in Deutschland waren einige Reihen licht. Immerhin hatte man von wirklich jedem Platz aus gute Sicht. Kurz vor 20 Uhr ging es los. Ich habe mittlerweile aufgehört mich dafür zu interessieren, mit welchen Musikern Prince sich gerade umgibt, also kann ich den lustigen Lakeien mit der Mundharmonika, welcher eine skurrile Konzerteröffnung abgab, nicht namentlich benennen. Der erste eigentliche Prince-Song war jedenfalls „Venus De Milo“, eine große Überraschung, auf die leider erst mal keine mehr folgen sollte: Let's Go Crazy, 1999, Little Red Corvette, hier war nun mal mit vielen Hits zu rechnen, aber ich mag das alles live nicht mehr hören. Nachdem die ersten Party-Raketen abgefeuert waren, geschah etwas Unerwartetes: Die rigide Platzzuweisung wurde aufgehoben, die Massen strömten nach unten, also nutzte auch ich die Gunst des Augenblicks, ein Sprung über die Mauer, ein paar Sätze die Treppe runter und schon stand ich wenige Reihen von der Bühne entfernt. So nah am Geschehen wurde ich gleich besser mitgenommen: die großen Gesten, das kalkulierte Entertainment, sie packten mich und ließen auch meine Arme in die Luft fliegen. Prince ist und bleibt nun mal einer der besten und mitreißendsten Live-Entertainer des Planeten – und nach Michael Jacksons Ableben ist er wohl der einzige, der pure Selbstreferenz zelebrieren kann, ohne dass es peinlich wirkt. Spätestens ab „Ol’Skool Company“ gab es für mich jedenfalls kein Halten mehr, ich hüpfte wie Prince und Sheila E. auf imaginären Bettenburgen und freute mich besonders über einen aufgepimpten Klassiker: Kiss! Ein Song, der live schwierig umzusetzen ist, dabei nie so richtig funktionierte, an diesem Abend aber dank Frischzellenkur im Arrangement neu erstarkte. Mit solch schönen neuen Kleidern lass ich mich auch von den alten Schabracken gerne verführen. Dass Sprechchöre aus dem Publikum dann „Purple Rain“ einforderten und Prince es auch noch spielte, ach, das war okay, er hatte mich zuvor mit der Wiederentdeckung einer alten Liebe milde gestimmt: Forever In My Life. Mein Blick auf dieses wunderschöne Liebeslied habe ich hier mal reingestellt (Anm. der Redaktion: Geduld bitte, ich muss das Video noch bearbeiten). Wenn ich ein Fazit ziehen soll: Ein sehr schöner Konzertabend, nicht so überwältigend wie die ONA-Auftritte vor 8 Jahren, dennoch voller Glückshormone aktivierender Impressionen. Ich bin nun auf das neue Album gespannt. Und hey Prince, wenn Du mal für Deine Platten ein cooles Cover statt dieser hässlichen Air-Brush-Bumsbuden-Zeichnungen, die wohl leider auch „20ten“ verschandeln wird, verwenden möchtest, dann sprich mich doch einfach an. Ich könnte da durchaus jemanden vermitteln.